Die Kunst Gedanken zu meistern
-  Wegweiser für empathische Menschen


Empathen und Narzissten

 

Es geht auf diesen Internetseiten nicht darum, Menschen abzustempeln, um sie anschließend in Schubladen zu stecken. Nach dem Motto: "Was ist denn das für einer? Hm. Mal sehen. - Ah ja, ein Narzisst." Schublade auf, Narzisst rein, Schublade zu. Im Internet ist oft von narzisstischen Männern die Rede. Ich möchte deshalb an dieser Stelle betonen, dass es auch viele Frauen mit narzisstischen Verhaltensweisen bis hin zur Persönlichkeitsstörung gibt.





Es geht auf diesem Internetportal auch nicht darum, Fronten zu schaffen. Die liebevollen und sensiblen Empathen auf der einen Seite und die dominanten und egoistischen Narzissten auf der anderen Seite. Wir hätten nicht so viel Mühe damit, Konflikte und Probleme aufzulösen, wenn das Einsortieren so einfach wäre. Es gibt Narzissten, die felsenfest davon überzeugt sind, Empathen zu sein. Und es gibt Menschen mit einem großen Einfühlungsvermögen, die sich zu ihrer eigenen Verteidigung narzisstische Verhaltensweisen angeeignet haben. Die Grenzen sind fließend, die Persönlichkeitsstrukturen komplex und nicht zwangsläufig konstant.





Um ein besseres Verständnis zu ermöglichen, kommen wir, zumindest am Anfang, nicht ganz darum herum, die Begriffe "Narzissten" und "Empathen" zu verwenden. Mal ganz abgesehen davon, dass Menschen, die Antworten auf ihre Fragen suchen, diese Seiten mit Hilfe der Suchmaschinen nicht finden werden, wenn solche Bezeichnungen fehlen. Später werden wir uns auf die verschiedenen Verhaltensmuster konzentrieren und diese so weit wie möglich unabhängig von einzelnen Personen betrachten.


Narzissten - Der Versuch einer kurzen Erklärung

Zum Glück gibt es im Internet inzwischen eine Fülle an Informationen zum Thema Narzissmus, angefangen von narzisstischen Verhaltensweisen, die bei vielen Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt sind, bis hin zur krankhaften narzisstischen Persönlichkeitsstörung.

Hätte ich wesentlich früher einen Zugang zu diesem Wissen gehabt, so wäre mein Leben definitiv anders verlaufen. Mir war noch nicht einmal der Begriff bekannt, bis mich eine gute Bekannte mit der Nase darauf stupste. Danach fand eine rasante Entwicklung statt. Ich verschlang monatelang alles, was ich zu diesem Thema finden konnte und bin den exzellenten Psychologen und Therapeuten undenklich dankbar dafür, dass sie ihr Wissen im Internet, unter anderem auch in Form von YouTube-Videos, zur Verfügung stellen. Viele dieser sehr lehrreichen Videos empathischer Menschen gibt es leider nur in englischer Sprache. Für mich ist das kein Problem, da ich fast täglich englisch spreche und schreibe, für viele andere jedoch schon. Deshalb ist es mein Anliegen, soviel wie möglich von dem Wissen zu teilen, das ich mir im Laufe der Jahre erarbeitet habe. Meine eigenen Erfahrungen möchte ich dabei mit einfließen lassen. Mir ging damals ein ganzer Kronleuchter auf und nachdem ich immer mehr von dem aufgearbeitet hatte, was mir selbst widerfahren war, fühlte ich mich endlich befreit.



Dies hier ist also ein erster Versuch, das "Phänomen" Narzissmus möglichst kurz zu beschreiben, bevor wir in Zukunft gemeinsam tiefer in die Materie eindringen. 

In letzter Zeit wird die Bezeichnung "Narzisst" auch von den Medien sehr oft verwendet. Ich finde, es besteht sogar die Gefahr, dass dieser Begriff zu so einer Art "Modewort" verkommt. Es gibt im Internet Listen mit Punkten zum Abhaken, um selbst eine Diagnose erstellen zu können, doch solche Diagnosen gehören nach wie vor in die Hände von Fachleuten. Die menschliche Psyche ist unglaublich komplex. Zwar lassen sich immer wieder ganz bestimmte Verhaltensmuster erkennen, doch im Großen und Ganzen sind wir alle individuell verschieden. - Was für ein Glück.

Nach meinen eigenen Erfahrungen stellt sich kurzfristig ein erstes, zartes Gefühl der Erleichterung ein, sobald das Problem einen Namen erhält. Endlich ist das Ganze greifbar. Wir können es benennen. Es ist eine Erholungspause für das stark angeschlagene Selbstwertgefühl. In dieser ersten Phase der neuen Erkenntnisse höre ich viele Menschen sagen: "Ich bin ja so erleichtert. Es ist nicht meine Schuld. Ich habe nicht versagt." Um wieder auf die Füße zu kommen und die ersten Schritte in ein neues Leben zu wagen, ist es gut, den Spieß erst einmal umzudrehen. Viel zu lange haben wir an uns selbst gezweifelt, uns immer wieder selbst in Frage gestellt und das, obwohl wir tief in unserem Inneren spüren können, wer wir sind. Längerfristig betrachtet, bringen uns Schuldzuweisungen jedoch nicht weiter. Sie stehen unserer persönlichen Weiterentwicklung sogar im Weg, denn sie sind nicht das richtige Werkzeug, wenn es darum geht, sich selbst aus den Fesseln der alten Verhaltensmuster zu befreien. Die Enttäuschung, die Wut, der Zorn und die Frustration bleiben.


Tief in uns drin tobt weiterhin der Kampf und die Selbstzweifel sind ebenfalls schnell wieder da und wenn wir nicht aufpassen und in der Vergangenheit verhaftet bleiben, dann landen wir im nächsten Gefängnis mit Gitterstäben aus Verbitterung. Eigenverantwortung ist der Schlüssel, der zur Befreiung führt. Dazu später mehr.


Zurück zu dem Versuch einer kurzen Erklärung. Was ist ein Narzisst?


Von außen betrachtet scheint es in den meisten Fällen so zu sein, dass ein Narzisst in sich selbst verliebt ist. Doch der Schein trügt. Wenn wir dazu in der Lage sind, hinter die Fassade zu schauen, erkennen wir eine Person, die tief in ihrem Inneren stark an sich selbst zweifelt und sehr verletzlich ist. Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass es mir nicht darum geht, die Taten von Narzissten zu entschuldigen und zur Rücksichtnahme aufzufordern, weil sie selbst "Opfer" sind. Auf gar keinen Fall. Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind eine große Gefahr für all diejenigen, die besonders feinfühlig, empfindsam und empathisch sind und deren Selbstwertgefühl nicht sehr stabil ist.

Wir alle werden im Laufe unseres Lebens mehr oder weniger stark verletzt und entwickeln verschiedene Verhaltensmuster, um mit dem Schmerz umgehen zu können. Narzissten haben sich ein Bild von sich selbst erschaffen, dessen Basis in erster Linie aus Grandiositätsfantasien besteht, die zu einem großen Teil von der Realität weit entfernt sind. Sie sind also nicht wirklich in sich selbst verliebt, sondern in eine Illusion, in ein Trugbild.


Narcissus


Ähnlich soll es Narziss (Narkissos, lat.: Narcissus) ergangen sein, der nicht dazu in der Lage war, die Liebe anderer zu erwidern und der sich stattdessen in sein eigenes Spiegelbild verliebte, das er auf einer Wasseroberfläche erblickte. Diese Verliebtheit in ein Abbild trieb ihn in den Tod. Doch nicht nur für Narcissus hatte das ganze Drama fatale Folgen, sondern auch für die in ihn unsterblich (im wahrsten Sinne des Wortes) verliebte Echo. Sie zerbrach an der Liebe zu ihm, die niemals erwidert wurde. Als der Leichnam von Narcissus geborgen werden sollte, war er nicht zu finden und an der Stelle stand eine Narzisse.


Und was ist aus Echo geworden? Nun - Echo hat nach wie vor keine eigene Stimme und noch nicht einmal mehr eine eigene Gestalt, sondern ist bis in alle Ewigkeit dazu verdammt, die letzten Worte der Sätze, die andere Menschen sprechen, zu wiederholen.

Es gibt verschiedene Fassungen dieses Dramas, das ursprünglich aus der griechischen Mythologie stammt und ich habe berechtigte Zweifel, wenn es darum geht, wie nahe diese Interpretationen am Original sind. Vermutlich wurde etliches im Laufe der Jahre verfälscht. Ich finde es dennoch wichtig, diesen Ursprung der Begriffe zu erwähnen und vielleicht ist diese Vorstellung von Echo, in die ich ebenfalls einiges hineininterpretiert habe, hilfreich. 


Eine einzige große Show    


Das Dilemma, in dem sich viele empathische Menschen befinden, entsteht dadurch, dass sie dazu geneigt sind, die Show, die von Narzissten veranstaltet wird, zu glauben. Das Ganze wirkt schon allein deshalb so überzeugend, weil die meisten Narzissten felsenfest an ihre Grandiosität und ihren Sonderstatus glauben. Für sie ist dieses Selbstbild Realität.


Sie haben den wahren Zugang zu ihrem Inneren verloren, sich gegenüber den eigenen, in der Tiefe verborgenen Gefühlen abgeschottet. Unbewusst regen sich jedoch immer wieder Selbstzweifel und Schuldgefühle und sobald dies geschieht, brauchen sie massiv die Bestätigung von außen. Sie sind regelrecht süchtig danach. Sobald sie einer Kritik ausgesetzt sind und sei sie noch so klein oder sogar konstruktiv, nimmt das Drama seinen Lauf. Ein weiterer Auslöser können die Schuldzuweisungen anderer sein und es spielt dabei keine Rolle, ob diese wirklich so gemeint waren oder ob sie nur als solche empfunden werden. Narzissten weisen jegliche Schuld weit von sich und weigern sich in der Regel, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.

Wenn also das übertrieben stark idealisierte Bild, das sie sich von sich selbst gemacht haben, auch nur den kleinsten Kratzer bekommt, löst dies sofort einen starken Drang nach Bestätigung ihres falschen Selbstbildnisses aus. Um diese zu bekommen, ist ihnen jedes Mittel recht. Es kommt dann nur allzu oft vor, dass sie Menschen abwerten oder sogar in der Öffentlichkeit bloßstellen. Sie geben sich viel Mühe damit, andere als inkompetent erscheinen zu lassen oder sie sorgen dafür, dass ihr Gegenüber damit anfängt, an der eigenen Wahrnehmung und an dem eigenen Verstand zu zweifeln. Gleichzeitig prahlen sie mit ihren Errungenschaften, ihrem Können und ihrem Wissen auf eine Art und Weise, die völlig überzogen ist, wenn man einen genauen Blick auf die Fakten wirft. Regt sich beim Gegenüber auch nur die kleinste Form des Widerstandes, dann bricht die Hölle los. Wer einen narzisstischen Chef oder eine Chefin, einen Partner, ein Familienmitglied, einen Kollegen oder einen Freund oder eine Freundin hat, weiß genau, wie sich eine narzisstische Rage anfühlt.

Dies sind nur einige Beispiele aus dem vielseitigem Repertoire, das sich Narzissten im Laufe ihres Lebens angeeignet haben und sobald wir es gelernt haben, diese Verhaltensmuster zu erkennen, können wir situationsbedingt den Boxring verlassen, bevor es zu spät ist. Damit ist nicht unbedingt das Ende der Beziehungen zu Narzissten gemeint, denn es gibt viele Lebensumstände, in denen ein kompletter Ausstieg gar nicht oder zumindest nicht sofort möglich ist (gemeinsame Kinder, Familienbande, finanzielle Abhängigkeiten, Geschäftsbeziehungen, "sicherer" Arbeitsplatz). 

Über Narzissten wird oft gesagt, sie hätten einen Mangel an Empathie. Diese Aussage deckte sich nur zum Teil mit meinen eigenen Erfahrungen und deshalb wollte ich der Sache auf den Grund gehen. Schließlich fand ich heraus, dass es eine Form der Empathie gibt, die erlernbar ist. Sie wird als kognitive Empathie bezeichnet. Narzissten können es erlernen, sich in die Situation, in der sich jemand befindet, hineinzudenken. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass sie dazu in der Lage sind, etwas Ähnliches zu empfinden wie die Person, für die sie gerade Verständnis zeigen. 

Es gibt eine Form des Narzissmus, die nur sehr schwer zu durchschauen ist. Die Verhaltensweisen sind wesentlich subtiler. Diese Narzissten zeigen durchaus auch Schwächen und lassen relativ offen Selbstzweifel erkennen. Man spricht dann vom verdeckten Narzissmus (engl.: covert narcissism / covert narcissist) im Gegensatz zum offenen (engl.: overt narcissism / overt narcissist). Wie es sich äußert, wenn jemand ein verdeckter Narzisst ist, möchte ich zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer beschreiben.


Narzisstische Verhaltensmuster


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